Itom Investment S.à r.l. (und andere)
Befreiung; <DE000A1YCMM2>
Zielgesellschaft: SolarWorld AG; Bieter: Itom Investment S.à r.l. / Stichting Shares Itom Investment
WpÜG-Meldung übermittelt durch die DGAP – ein Unternehmen der EQS Group AG.
Für den Inhalt der Meldung ist der Bieter verantwortlich.
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Veröffentlichung des Tenors einschließlich der Nebenbestimmungen und der
wesentlichen Gründe des Bescheids der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht vom 24. Januar 2014 über die Befreiung gemäß
§ 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung
von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Bezug
auf die SolarWorld AG, Bonn (ISIN DE0005108401)
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat mit Bescheid vom
24. Januar 2014 Itom Investment S.à r.l., Luxemburg, (nachfolgend die
‘Antragstellerin zu 1)’) und die Stichting Shares Itom Investment,
Amsterdam, (nachfolgend die ‘Antragstellerin zu 2)’) für den Fall, dass sie
in Folge der Durchführung der von der Hauptversammlung am 07. August 2013
beschlossenen Kapitalerhöhung und des Abschlusses eines Abkommens über
abgestimmtes Verhalten bei der SolarWorld AG, Bonn, gemäß §§ 35, 29 Abs. 2,
30 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über die SolarWorld AG erlangen, von den
Pflichten befreit, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu
veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine
Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 2
WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen.
Der Tenor des Bescheids einschließlich der Nebenbestimmungen lautet wie
folgt:
1. Die Antragsteller zu 1) und 2) werden gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG
i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung für den Fall, dass sie in
Folge der Durchführung der von der Hauptversammlung am 07. August 2013
beschlossenen Kapitalerhöhung und des Abschlusses eines Abkommens über
abgestimmtes Verhalten bei der SolarWorld AG, Bonn, gemäß § 35, § 29 Abs.
2, § 30 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über die SolarWorld AG erlangen, von den
Pflichten, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu
veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine
Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 2
WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1. des Tenors des Bescheids
kann gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG widerrufen werden (Widerrufsvorbehalt),
wenn die Antragstellerin zu 1) weniger als die von ihr zugesagten,
folgenden Sanierungsleistungen erbringt:
– Einbringung von Teildarlehensrückzahlungsforderungen gemäß dem von der
Antragstellerin zu 1) mit SolarWorld AG geschlossenen Einbringungs- und
Erlassvertrag in der mit E-Mail vom 21. Januar 2014 bei der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht vorgelegten Fassung in Höhe von
mindestens 213.905.218,40 EUR sowie dazu gehöriger fälliger und nicht
fälliger Nebenforderungen bis zum 31. März 2014
– Erlass der eingebrachten Forderungen in gleicher Höhe bis zum 31. März
2014
3. Die Befreiung gemäß Ziffer 1. des Tenors des Bescheids ergeht unter
folgenden Auflagen:
a) Die Antragsteller zu 1) und 2) haben als Gesamtschuldner der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die Eintragung
der Durchführung der Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung gemäß
Beschluss der Hauptversammlung der SolarWorld AG vom 07. August 2013 durch
Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Handelsregisterauszug) nachzuweisen.
b) Die Antragstellerin zu 1) hat der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die Leistungen gemäß Ziffer 2.
des Bescheids durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen.
4. Der Widerruf des Befreiungsbescheids nach § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG ist
vorbehalten für den Fall, dass nicht sämtliche Auflagen unter Ziffer 3. des
Bescheids erfüllt werden.
Der Bescheid beruht im Wesentlichen auf folgenden Gründen:
A. Sachverhalt
I. Zielgesellschaft
Zielgesellschaft ist die SolarWorld AG, mit Sitz in 53175 Bonn
(‘Zielgesellschaft’). Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt EUR
111.720.000,00 und ist eingeteilt in 111.720.000 Inhaberaktien mit einem
anteiligen Betrag am Grundkapital der Zielgesellschaft in Höhe von EUR 1.
Die Aktien der Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE0005108401 zum Handel
im regulierten Markt an der Wertpapierbörse Frankfurt am Main zugelassen.
Die Zielgesellschaft ist ein Unternehmen der Solarbranche und hat ihre
Schwerpunkte in Deutschland und Italien. Die Zielgesellschaft ist die
Holding-Gesellschaft der SolarWorld-Gruppe (‘Gruppe’). Aufgrund der Krise
in der Solar-Branche ging der Umsatz der Gruppe von rund EUR 1.305 Mio. im
Jahr 2010 auf rund EUR 606 Mio. im Jahr 2012 zurück. Der Gewinn der Gruppe
fiel von rund EUR 87,3 Mio. im Jahr 2010 auf rund EUR -606 Mio.
II. Antragsteller
Die Antragstellerin zu 1) ist eine unabhängige Partei im
Restrukturierungsprozess. Sie ist im Rahmen des Debt-Equity-Swaps Sammel-
und Abwicklungsstelle, über die die Zeichnung der Aktien für die
Individual-Gläubiger erfolgen soll. Die Antragstellerin zu 2) ist alleinige
Gesellschafterin der Antragstellerin zu 1).
III. Restrukturierungsprozess
In einem Term-Sheet vom 12. Juni 2013 (‘Term-Sheet’) haben sich die
Zielgesellschaft und eine große Anzahl wesentlicher Gläubiger auf ein
grundsätzliches Konzept zur Refinanzierung der Zielgesellschaft
verständigt. Die zu restrukturierenden Verbindlichkeiten belaufen sich
danach auf insgesamt ca. EUR 930 Mio. und setzen sich im Wesentlichen
zusammen aus Forderungen der Anleihegläubiger aus zwei Anleihen (insgesamt
nominal EUR 550 Mio.), einem ursprünglich bei der Europäischen
Investitionsbank (‘EIB’) aufgenommenen Darlehen in Höhe von nominal EUR 75
Mio. und aus diversen Schuldscheindarlehen. Diese Verbindlichkeiten sollen
im Wesentlichen im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps in Eigenkapital
umgewandelt werden. Der Debt-Equity-Swap soll dabei zum einen für die
Anleihegläubiger über die WGZ Bank (‘WGZ’) abgewickelt werden und zum
anderen für die übrigen Gläubiger über die Antragstellerin zu 1).
In Gläubigerversammlungen der Anleihegläubiger am 5. und 6. August 2013
sowie in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 7. August 2013 wurde
dem Debt-Equity-Swap von den Anleihegläubigern und den Aktionären
zugestimmt. Danach soll das Grundkapital der Zielgesellschaft zunächst auf
EUR 744.800 herabgesetzt werden. Anschließend wird das Grundkapital der
Zielgesellschaft gegen Sacheinlage der Verbindlichkeiten um EUR 14.151.200
auf EUR 14.896.000 erhöht werden. Die neuen Aktien werden dabei von WGZ und
der Antragstellerin zu 1) gezeichnet und übernommen. Um wirtschaftlich eine
weitere Rückführung der Verbindlichkeiten zu ermöglichen, ist vorgesehen
einen Teil der neuen Aktien an einen Investor (Antragsteller zu 3)) und die
Solar Holding Beteiligungsgesellschaft GmbH (‘Solar Holding’) zu veräußern,
die ebenfalls Antragstellerin im vorliegenden Verfahren ist.
Die Zielgesellschaft hat sich in einer Restrukturierungsvereinbarung unter
dem 6. Januar 2014 mit den Gläubigern, dem Investor (Antragsteller zu 3)),
einem Gemeinschaftsunternehmen der Zielgesellschaft und dem Investor
(Antragsteller zu 4)), Herrn Dr. Frank Asbeck (‘Herr Asbeck’) sowie der
Solar Holding auf den konkreten Ablauf der Restrukturierung geeinigt
(‘Restrukturierungsvereinbarung’). Zusammen mit der
Restrukturierungsvereinbarung wurde ein Aktienkaufvertrag zwischen Herrn
Asbeck, der Solar Holding, der WGZ und der Antragstellerin zu 1)
geschlossen, nach dem die Solar Holding von der WGZ und der Antragstellerin
zu 1) insgesamt 2.904.720 Aktien der Zielgesellschaft zu einem Kaufpreis
von EUR 9,75 Mio. erwerben soll (‘MIP-Vertrag’). Dieser Kaufvertrag dient
zum einen der teilweisen Rückführung der Verbindlichkeiten der
Zielgesellschaft und zum anderen der Motivation des Vorstandsvorsitzenden,
weiter für die Zielgesellschaft tätig zu sein. Gleichzeitig wird zwischen
dem Investor (Antragsteller zu 3)), der WGZ und der Antragstellerin zu 1)
ein Aktienkaufvertrag geschlossen, nach dem der Investor 4.319.840 Aktien
zu einem Kaufpreis in zweistelliger Millionenhöhe erwirbt (‘NIK-Vertrag’).
Im Rahmen der Restrukturierungsvereinbarung wurde zudem eine
Aktionärsvereinbarung zwischen dem Investor, Herrn Asbeck, Solar Holding
und der Antragstellerin zu 1) geschlossen (‘Aktionärsvereinbarung’). Diese
sieht insbesondere vor, dass sich die Parteien der Aktionärsvereinbarung
über die Abwahl des bestehenden Aufsichtsrats verständigen. Dabei sollen
drei Aufsichtsratsmitglieder von der Antragstellerin zu 1) und drei
Aufsichtsratsmitglieder von dem Investor und Herrn Asbeck vorgeschlagen
werden. Die Aktionärsvereinbarung tritt frühestens mit der dinglichen
Übertragung der Aktien nach dem MIP- und NIK-Vertrag und der Gewährung der
Befreiung nach § 37 WpÜG in Kraft.
Mit der Restrukturierungsvereinbarung wurde auch ein Super Senior
Kreditvertrag mit dem Gemeinschaftsunternehmen der Zielgesellschaft und dem
Investor (Antragsteller zu 4)) abgeschlossen (‘Super Senior Facility’),
nach dem dieser der Zielgesellschaft ein Darlehen in zweistelliger
Millionenhöhe zur Verfügung stellt.
IV. Sanierungsgutachten
Eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat im Auftrag der
Zielgesellschaft ein Sanierungsgutachten für die Zielgesellschaft und die
Gruppe nach dem Standard IDW ES 6 n.F. erstellt (‘Sanierungsgutachten’),
der erste Entwurf stammt vom 01. Februar 2013, das finale Gutachten wurde
am 17. Januar 2014 vorgelegt. Ausgangspunkt der Arbeiten der Gutachter war
das vom Vorstand der Zielgesellschaft vorgelegte Unternehmenskonzept der
Zielgesellschaft, wobei die im Unternehmenskonzept beschriebenen Maßnahmen
der Zielgesellschaft dahingehend analysiert und beurteilt wurden, ob sie
grundsätzlich für eine erfolgreiche Krisenabwendung geeignet erscheinen
(Sanierungsfähigkeit). Zu diesem Zweck wurde die Finanz- und Ertragslage
der Zielgesellschaft untersucht und ihre mittel- bis langfristige
Überlebensfähigkeit sowie die im Unternehmenskonzept aufgeführten Maßnahmen
analysiert.
V. Leistungen der Antragsteller
Die Antragstellerin zu 1) legt die an sie abgetretenen Forderungen der
Individualgläubiger in Höhe von insgesamt rund EUR 213,905 Mio. durch
Erlass gemäß Einbringungs- und Erlassvertrag mit der Solarworld AG
(‘Einbringungs-Vertrag’) ein. In der Restrukturierungsvereinbarung ist
vorgesehen, dass die Einbringung auf das Eintreten des ‘Effective Date’,
also das Vorliegen aller aufschiebenden Bedingungen gemäß § 17 Abs. 1) der
Restrukturierungsvereinbarung bedingt ist. Ziffer 3.1 des
Einbringungs-Vertrags stellt die Einbringung der Forderungen unter die
aufschiebende Bedingung der Eintragung der Kapitalerhöhung in dem von der
Hauptversammlung beschlossenen Umfang. Die Antragstellerin zu 1) wird
hierzu im Rahmen der Kapitalerhöhung mindestens 5.927.126 Stück Aktien der
Solarworld AG zeichnen. Damit erzielte sie eine Beteiligungsquote von rund
40 % an der Zielgesellschaft.
Leistungen der Antragstellerin zu 1) kommen insoweit der Antragstellerin zu
2) zu Gute. Sie nimmt über ihre unmittelbare Beteiligung an Chancen und
Risiken, welche die Antragstellerin zu 1) mit den Sanierungsbeiträgen
eingeht, zumindest auch teil.
VI. Antragstellung
Die Antragsteller haben am 19. November 2013 beantragt, im Hinblick auf die
beabsichtigte Erlangung der Kontrolle an der Zielgesellschaft gemäß § 37
Abs. 1 WpÜG von den Pflichten aus § 35 WpÜG befreit zu werden. Zur
Begründung wird angeführt, dass die Zielgesellschaft sanierungsbedürftig
sei und die nachhaltige Sanierung nur unter Einbindung der Antragsteller
möglich erscheine. Zum Beleg für die Krise haben die Antragsteller auch auf
die Ad-hoc-Mitteilungen der Zielgesellschaft vom 24. Januar, 17. und 29.
April, 18. Juni und 11. November 2013 verwiesen.
B. Entscheidungsgründe
I. Zulässigkeit
Der Antrag ist zulässig.
Ein Antrag nach § 37 WpÜG ist gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung
bereits vor der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft möglich.
Die Kontrollerlangung durch die Antragsteller zu 1) und 2) ist nach Ansicht
der BaFin wahrscheinlich. Mit Eintragung der Kapitalerhöhung gegen Einlage
eines Teils der Schuldscheinforderungen wird die Antragstellerin zu 1)
5.957.126 Stückaktien der Zielgesellschaft erlangen, was dann rund 40 % der
Stimmrechte der Zielgesellschaft entspricht. Soweit der Stimmrechtsanteil
der Antragsteller zu 1) und 2) an der Zielgesellschaft infolge der
Durchführung der MIP- und NIK-Geschäfte auf ungefähr 22,05 % absinkt, wird
dies durch den gleichzeitigen Beginn des abgestimmten Verhaltens nach § 30
Abs. 2 WpÜG gemäß der Aktionärsvereinbarung kompensiert.
Ab diesem Zeitpunkt werden den Antragstellern zu 1) und 2) die
Stimmrechtsanteile jeweils der anderen Parteien zugerechnet. Zusammen mit
dem Stimmrechtsanteil des Investors iHv 29 % und dem der Solar Holding iHv
19,56 % ergäbe sich insgesamt ein Stimmrechtsanteil von rund 70,61 % für
die Antragsteller zu 1) und 2), zuzüglich des Anteils aus etwaigen noch von
Herrn Asbeck persönlich gehaltenen Aktien. Damit erlangen die Antragsteller
zu 1) und 2) mit Inkrafttreten der Aktionärsvereinbarung nach Ansicht der
BaFin die Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG über die
Zielgesellschaft.
II. Begründetheit
Die Anträge der Antragsteller zu 1) und 2) sind auch begründet. Die
Antragsteller zu 1) und 2) sind unter Berücksichtigung der Interessen der
Antragsteller sowie der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß
§ 37 WpÜG iVm § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung im Hinblick auf die
beabsichtigte Sanierung der Zielgesellschaft im Rahmen der Umsetzung der
Restrukturierungsvereinbarung von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG
zu befreien.
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sanierungsbefreiung liegen mit
Bezug auf die der Antragsteller zu 1) und 2) vor. Eine Sanierungsbefreiung
kann erteilt werden wenn die Zielgesellschaft ein Sanierungsfall ist, die
Sanierung nach einem plausiblen Sanierungskonzept erfolgen soll und die
kontrollerlangenden Antragsteller eine wesentliche eigene
Sanierungsleistung erbringen.
1. Sanierungsfall
Die Zielgesellschaft ist ein Sanierungsfall, da bestandsgefährdende Risiken
im Sinne von § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB bestehen. Die bestandsgefährdenden
Risiken ergeben sich aus der bei Ausbleiben der finanziellen Sanierung
drohenden Zahlungsunfähigkeit der Zielgesellschaft im laufenden Jahr 2014.
Nach dem Ergebnis des Sanierungsgutachtens ist die Belastung der
Zielgesellschaft durch die bestehende Finanzierung nicht tragbar. Bei einem
Bruch der vereinbarten Zusagen in den Darlehensverträgen (Covenants), der
derzeit zu vermuten ist, drohen zudem Kündigungen der Darlehensverträge,
die unmittelbar zu einer Gefährdung der Zahlungsfähigkeit führen können.
Dies reicht für die Annahme eines Sanierungsfalles, da jeder der genannten
Gesichtspunkte – jedenfalls aber alle zusammen – den Sanierungsfall
begründet.
2. Sanierungskonzept
Das vorgelegte Sanierungskonzept ist nach Prüfung durch die unabhängige
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft plausibel; es ist in der vorliegenden Form
geeignet, die bestandsgefährdenden Risiken zu beseitigen und so die
Sanierung der Zielgesellschaft zu gewährleisten.
An die Feststellungen der Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts sind
keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die unabhängige
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat mit Schreiben vom 6. Dezember 2013
bestätigt, dass die Zielgesellschaft auf der Basis des Sanierungskonzepts
sanierungsfähig ist, also über eine Fortführungsprognose nach § 252 Abs. 1
Nr. 2 HGB hinaus durch geeignete Maßnahmen wieder nachhaltig wettbewerbs-
und renditefähig werden kann. Dies wird auch im Sanierungsgutachten
bestätigt. Das derzeit negative Eigenkapital der Zielgesellschaft wird
durch den Debt-Equity-Swap erhöht und unter Berücksichtigung gegenläufiger
bilanzieller Effekte auf EUR 363 Mio. gebracht. Auch die Liquidität der
Zielgesellschaft ist gewährleistet.
Die Aussagen zu den Erfolgsaussichten der Zielgesellschaft am Markt können
zwar von der BaFin nicht überprüft werden, diese sieht jedoch keinen Grund,
an den Aussagen der unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu
zweifeln.
3. Sanierungsbeiträge
Die Antragsteller zu 1) und 2) erbringen im Rahmen des Sanierungskonzepts
einen eigenen, erheblichen Sanierungsbeitrag.
a) Antragstellerin zu 1)
Die Antragstellerin zu 1) erbringt ihre Einlageleistung für die zu
beziehenden neuen Stückaktien der Solarworld AG durch Einlage von
Forderungen in Höhe von rund EUR 213,095 Mio. Dies stellt ein
Sanierungsbeitrag dar, auch wenn die Antragstellerin zu 1) die Forderungen
nicht zu Beginn der Krise gehalten hat, sondern erst im Rahmen der
Umsetzung des Sanierungskonzeptes abgetreten erhält. Die Bündelung der
Ansprüche der Individualgläubiger ist ein bereits im Term-Sheet
vorgesehener Teil der Sanierungsmaßnahmen und ist notwendig, weil sie der
Gleichbehandlung aller Individualgläubiger bei der Verwertung der Aktien
einen einheitlichen Rahmen gibt. Damit schafft die Übertragung der
Forderungen auf die Antragstellerin zu 1) die Voraussetzungen dafür, die
Veräußerung an den Investor und an Solar Holding geordnet vorzunehmen. Zum
einen ist sichergestellt, dass jeder Gläubiger seine Forderungen im
gleichen Teil einlegen kann. Zum Anderen kann so jeder Gläubiger
wirtschaftlich den gleichen Teil seiner Aktien an den Investor und an Solar
Holding verkaufen, wie in der Restrukturierungsvereinbarung beschrieben.
Hinzu kommt, dass mit dem Verkauf im Paket verbunden ist, dass der Kurs der
Zielgesellschaft nicht durch eine hohe Anzahl zu verkaufender Aktien einem
hohen Druck ausgesetzt wird. Eine Absicherung dagegen, dass nach dem
Wirksamwerden der Sanierungsmaßnahmen der Kurs der Zielgesellschaft allein
deswegen stark nachgibt, weil es zu einer großen Verkaufswelle kommt, ist
geeignet, die Bereitschaft zur Beteiligung an der Sanierung zu erhöhen. Die
gleichen Gedanken lassen sich auf eine sich möglicherweise anschließende
Verwertung der von der Antragstellerin zu 1) gehaltenen Aktien durch
Verkauf derselben übertragen.
b) Antragstellerin zu 2)
Leistungen der Antragstellerin zu 1) kommen insoweit der Antragstellerin zu
2) zu Gute. Sie nimmt über ihre unmittelbare Beteiligung an Chancen und
Risiken, welche die Antragstellerin zu 1) mit den Sanierungsbeiträgen
eingeht, zumindest auch teil.
III. Ermessen
Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht. Für eine Abwägung der Interessen der
Antragstellerinnen mit denen der außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft, die nach § 37 Abs. 1 WpÜG vorzunehmen ist, ist bei
Vorliegen eines Tatbestands aus § 9 WpÜG-Angebotsverordnung grundsätzlich
vom Vorrang der Interessen der (potentiellen) Bieter auszugehen. Durch die
Sanierung soll der Fortbestand der Zielgesellschaft gesichert werden, was
grundsätzlich im Interesse aller Aktionäre der Zielgesellschaft liegt, da
sie ansonsten die Folge einer drohenden Insolvenz der Zielgesellschaft zu
tragen hätten.
Die Aktienbeteiligungen der Zielgesellschaft werden durch den
Kapitalschnitt bereits erheblich entwertet und durch die beabsichtigte
Kapitalerhöhung zusätzlich verwässert. Insoweit tragen die bisherigen
Aktionäre der Zielgesellschaft einen erheblichen Teil der in der
Vergangenheit bei der Zielgesellschaft aufgelaufenen Verluste mit; zudem
spiegelt sich der Wertverlust durch die Entwicklung des Börsenkurses ihres
Aktienbesitzes wieder. Allerdings profitieren auch die außenstehenden
Aktionäre letztlich von der Sanierung der Zielgesellschaft, sofern diese
gelingt. Insofern besteht auch für die außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft die Chance einer positiven Partizipation, welche geeignet
ist, eine Ausnahme von der Angebotspflicht i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 Satz 1 WpÜG seitens der Antragstellerinnen zu rechtfertigen.
Da die Antragsteller zu 1) und 2) im Rahmen der Sanierung durch ihre
erheblichen Sanierungsbeiträge zum Fortbestand der Zielgesellschaft
beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden, den außenstehenden Aktionären
der Zielgesellschaft darüber hinaus noch ein Pflichtangebot unterbreiten zu
müssen, das ihnen zusätzliche finanzielle Belastungen in einem erheblichen
Umfang auferlegen würde. Ihre Sanierungsbeiträge sollen vorrangig der
Zielgesellschaft und damit mittelbar auch deren Aktionären zu Gute kommen.
Daher ist die Befreiung nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1
Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung grundsätzlich zu erteilen, wenngleich diese
Befreiung auch mit Nebenbestimmungen zu versehen ist.
Hierzu entgegenstehende Interessen der außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft, denen unter Berücksichtigung der bereits in § 9
WpÜG-Angebotsverordnung durch den Gesetzgeber vorweggenommenen
Interessenabwägung zudem ein besonderes Gewicht zukommen müsste, sind –
abgesehen von dem Interesse, an der Gesundung der Zielgesellschaft
teilzuhaben – nicht erkennbar.
IV. Widerrufsvorbehalt und Auflagen
Rechtsgrundlage für den Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Bescheids
ist § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. Der Widerrufsvorbehalt ist insbesondere
verhältnismäßig, da er im Vergleich zur auflösenden Bedingung ein milderes
Mittel ist, um notfalls alternative Finanzierungs- und Sanierungsbeiträge
im Rahmen des Widerrufsverfahrens berücksichtigen oder die Frist für die
Durchführung der Sanierungsmaßnahmen verlängern zu können.
Rechtsgrundlage für die Auflagen unter Ziffer 3 des Bescheids ist § 36 Abs.
2 Nr. 4 VwVfG.
Der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 4 des Bescheids erfolgt für den Fall,
dass die Auflagen nicht erfüllt werden. Er ist insbesondere deswegen
verhältnismäßig, weil bereits § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG ein gesetzliches
Widerrufsrecht vorsieht und der Widerrufsvorbehalt daher deklaratorisch
ist.
Ende der WpÜG-Meldung
31.01.2014 Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche
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