RWE Aktiengesellschaft
Essen
International Securities Identification Number (ISIN): DE 0007037129
Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats der RWE Aktiengesellschaft zu dem Beschlussantrag der ENKRAFT IMPACTIVE GmbH & Co. KG zu dem ergänzten Tagesordnungspunkt 8 der ordentlichen Hauptversammlung am 28. April 2022
Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor und empfehlen, den Beschlussantrag der ENKRAFT IMPACTIVE GmbH & Co. KG zu dem ergänzten
Tagesordnungspunkt 8 abzulehnen.
Darin verlangt die ENKRAFT IMPACTIVE GmbH & Co. KG (‘Enkraft’) die Vorbereitung einer Abspaltung der RWE Power Aktiengesellschaft.
Eine solche rechtlich bindende Vorfestlegung der Hauptversammlung würde dem Vorstand andere Handlungsspielräume juristisch
verschließen. Das gilt insbesondere für aussichtsreichere Alternativen, die im Einvernehmen mit der Politik entwickelt werden
könnten, wie etwa die Ausgliederung in eine Stiftung.
Der Antrag von Enkraft trägt nicht dazu bei, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Strategie von RWE zu beschleunigen. Durch
eine Abspaltung würde keine Tonne CO2 eingespart, aber es entstünden erhebliche Unsicherheiten für die betroffenen Beschäftigten und Regionen. Unabhängig davon
würde eine wirtschaftliche Separierung des Braunkohlegeschäfts im Sinne einer Abspaltung die Zustimmung der öffentlichen Hand
und somit Einvernehmen erfordern. Jeder Alleingang führt zu unkalkulierbaren Risiken für RWE und seine Aktionäre.
‘Growing Green’ – unser strategischer Leitfaden. Vorstand und Aufsichtsrat der RWE Aktiengesellschaft treiben die Transformation von RWE zu einem ausschließlich auf grüne
Energien fokussierten Energieerzeuger mit maximaler Geschwindigkeit voran. RWE wird als verantwortungsvoller und konsequenter
Vorreiter bei der Umsetzung der Energiewende angesehen. Bis 2040 wird der Konzern klimaneutral sein. Die Transformationsgeschwindigkeit
ist dabei beispielhaft. Deutlich wird dies durch unsere Growing Green-Strategie: Wir bauen unsere grüne Erzeugungskapazität
in attraktiven weltweiten Wachstumsmärkten stark aus und engagieren uns gleichzeitig mit allem Nachdruck beim Aufbau einer
leistungsstarken Wasserstoffindustrie. Dazu zählt neben der Herstellung von Wasserstoff mit grünem Strom auch der Import grüner
Moleküle – beides ist für die Dekarbonisierung der Industrie unverzichtbar. Zudem leistet der Betrieb flexibler Erzeugungskapazitäten
mit einem klaren Dekarbonisierungspfad gerade in der aktuellen Situation einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit,
die angesichts der geopolitischen Entwicklungen eine essentielle Bedeutung erhalten hat. Im Rahmen von Growing Green wird
RWE bis 2030 weltweit insgesamt 50 Mrd. Euro in ihr Kerngeschäft investieren. Schon heute fließen rund 90 % der Investitionen
von RWE in Projekte, die nach der EU-Taxonomie als grün und nachhaltig klassifiziert sind.
Transformationsbereitschaft und -fähigkeit historisch belegt. Der Kapitalmarkt honoriert, dass strategisch gebotene Weiterentwicklungen des Geschäftsportfolios auch bei maximaler Komplexität
konsequent angegangen und umgesetzt werden. Seit dem Börsengang der Tochter innogy SE 2016 und dem weitreichenden Tauschgeschäft
mit der E.ON SE 2018 wurde der Börsenwert der RWE Aktiengesellschaft nahezu vervierfacht.
Uneingeschränktes Bekenntnis zum zügigen Kohleausstieg. Wesentlicher Teil der Ausrichtung des Konzerns ist gleichzeitig das klare und uneingeschränkte Bekenntnis zum Kohleausstieg.
Konsequenterweise unterstützt das Unternehmen dabei auch das erklärte Ziel der Bundesregierung, den Kohleausstieg in Deutschland
idealerweise auf das Jahr 2030 vorzuziehen, soweit ein beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie der Netzinfrastruktur
gelingt. Mit den oben genannten Investitionen wird RWE dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. Der Krieg Russlands gegen
die Ukraine und die aktuellen Herausforderungen für die Energieversorgung in Deutschland und Europa ändern daran nichts. Im
Gegenteil: Die Geschwindigkeit beim Umbau des Energiemarktes wird weiter erhöht.
Abspaltung strategisch keine aussichtsreiche Option. Auch für seine Braunkohlesparte überprüft RWE regelmäßig alle strategischen Optionen. Dabei ist es erklärtes Ziel, den Unternehmenswert
der RWE Aktiengesellschaft weiter zu steigern und gleichzeitig andere relevante Stakeholder-Interessen im Sinne eines umfassenden
Nachhaltigkeitsverständnisses (Environmental, Social, Governance) sachgerecht zu berücksichtigen.
Die von Enkraft vorgeschlagene Abspaltung des Braunkohlegeschäfts ist von mehreren Optionen zur Weiterentwicklung des RWE-Konzerns
die ungeeignetste. Im Einzelnen:
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1. Vorfestlegung und Ausschluss weiterer Varianten. Anders als von Enkraft in der Begründung vorgetragen, bliebe die Unternehmensleitung bei einem bindenden Hauptversammlungsbeschluss
gerade nicht frei, parallel andere, attraktivere Optionen als eine Abspaltung zu verfolgen. RWE ist in einem hoch regulierten
und politisch relevanten Umfeld tätig. Der Enkraft-Antrag ignoriert diesen Umstand und fordert stattdessen eine einseitige
unternehmerische Vorfestlegung, die politische und gesamtgesellschaftliche Interessen ausblendet und damit alternative Lösungsmöglichkeiten
unmöglich macht. So will die aktuelle Bundesregierung gemäß Koalitionsvertrag für das Auslaufen der Kohleverstromung ein Stiftungsmodell
als mögliche Option prüfen. RWE hat sich stets offen für Gespräche über gemeinsame Lösungen gezeigt. Jedes zukünftige Regierungshandeln
würde präjudiziert und konterkariert, wenn die RWE-Hauptversammlung den Vorstand zur Vorbereitung einer Abspaltung bis zur
nächsten Hauptversammlung rechtlich bindend verpflichten würde. Vorstand und Aufsichtsrat des Unternehmens und auch allen
weiteren involvierten Stakeholdern würden Handlungsspielräume genommen, ohne dass das Abspaltungsmodell eine wertschaffende
Alternative darstellt.
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2. Konflikt mit Politik statt gemeinsamer Lösungsfindung. Im öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland zum Kohleausstieg aus dem Jahr 2021 gibt es die verbindliche
und klare Festlegung, dass eine wirtschaftliche Separierung der Braunkohlesparte nur mit Zustimmung des Bundes bzw. des Landes
Nordrhein-Westfalen möglich ist. Hintergrund für diese Regelungen war die Sorge der Politik vor einer einseitigen Abspaltung
der Braunkohleaktivitäten, mit der das Unternehmen sich vermeintlich aus der finanziellen und gesellschaftlichen Verantwortung
lösen könnte. Genau diesem Modell hat die Politik mit den vertraglichen Regelungen einen Riegel vorgeschoben. Die von Enkraft
begehrte Separierung der Braunkohlesparte ‘per Hauptversammlungsbeschluss’ würde somit das Primat der Politik negieren. Dass
deutsche Regierungen und Gesetzgeber nicht zögern, diesem Primat auch zur Geltung zu verhelfen, haben sie bereits in der Vergangenheit
bewiesen, etwa in der Kernenergie mit dem Nachhaftungsgesetz.
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Mit einer vertraglich notwendigen Zustimmung der politischen Entscheidungsträger zu einer Abspaltung wäre kaum zu rechnen.
Zugleich müssten die RWE-Aktionäre kritische politische und regulatorische Konsequenzen wie etwa die unmittelbare Externalisierung
beträchtlicher finanzieller Ressourcen befürchten. Handlungs-, Gestaltungs- und Wachstumsmöglichkeiten von RWE bei der Umsetzung
der Growing Green-Strategie wären dadurch erkennbar gefährdet. Im Klartext: Die RWE-Aktionäre sollten sich fragen, ob sie
die finanziellen Mittel des Unternehmens für unkalkulierbare politische Eingriffe wie Nachhaftung oder sonstige Absicherungsforderungen
oder für beschleunigtes Wachstum in Erneuerbare Energien aufwenden wollen. Alternative und gemeinsame Lösungsräume wie etwa
ein Stiftungsmodell könnten durch solche Diskussionen von vornherein deutlich erschwert oder gar verhindert werden.
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3. Finanzierungsfähigkeit der neuen Gesellschaft fraglich. Die Finanzierung einer reinen Braunkohlegesellschaft über die Finanz- und Kapitalmärkte dürfte auf substantielle Schwierigkeiten
stoßen, wenn nicht gar unmöglich sein. In diesem Zusammenhang ist auch auf den Finanzbedarf einzelner Energieversorgungsunternehmen
in jüngster Zeit und die in den Medien berichtete Erforderlichkeit staatlicher Liquiditätshilfen zu verweisen. Wenn überhaupt
wäre eine Abspaltung daher nur unter massiven finanziellen Belastungen der RWE Aktiengesellschaft realisierbar. Dies wiederum
würde die Umsetzung der Growing Green-Strategie von RWE substantiell gefährden.
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4. Enkraft-Antrag widerspricht Anspruch an nachhaltiges Handeln. Nachhaltigkeit (‘ESG’) deckt bei RWE eine große Bandbreite von relevanten Aspekten ab. RWE hat beim Auslaufen der Braunkohle
auch nichtfinanzielle Aspekte zu berücksichtigen. Das umfasst im Sinne einer guten Unternehmensführung auch die sozialen Belange
der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Interessen der vom Braunkohlebergbau betroffenen Regionen.
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RWE erhält sowohl zu seiner strategischen Ausrichtung als auch zur ESG-Positionierung in Bezug auf den Braunkohleausstieg
nachdrückliche Unterstützung von seinen Investoren. Große institutionelle Investoren betonen, dass das Divestment von CO2-intensiven Assets die Welt nicht auf Net Zero bringe, sondern lediglich zum Risiko sich ändernder Anteilseignerstrukturen
führe. Ein sogenanntes ‘Brown Spinning’ liefert – anders als in der Antragsbegründung insinuiert – keinerlei Beiträge zur
Nachhaltigkeit.
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Aus diesen Gründen hat RWE nach seiner eigenen internen Analyse diese Option nicht weiter verfolgt. Eine aus RWE-Sicht denkbare
Strukturierung liegt in der Einbringung des Geschäfts in eine öffentliche Stiftung. RWE hat bereits frühzeitig deutlich gemacht,
für einen Dialog mit der Politik bereit zu stehen, die gemäß Koalitionsvertrag ein Stiftungsmodell aktiv prüfen will. RWE
bringt sich proaktiv und konstruktiv in diesen Dialog ein, mit der Zielsetzung zu einer gesamtgesellschaftlich und unternehmerisch
guten Lösung zu kommen.
Jede Vorfestlegung würde eine ergebnisoffene Prüfung durch die Politik sowie den Handlungsspielraum des Managements der RWE
Aktiengesellschaft zu Lasten des Unternehmens erheblich einschränken.
Essen, im März 2022
RWE Aktiengesellschaft
Der Vorstand Der Aufsichtsrat
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